Allergie am Tag meiner Hochzeit
Wir waren seit über sechs Jahren zusammen, als mein Partner mich um meine Hand fragte. Er wusste, wie jede andere Braut, dass ich auch von einer schönen Hochzeit träumte, also beschlossen wir noch zu warten und zu sparen. So waren wir uns sicher, nicht nur eine schöne Feier, sondern ebenfalls eine außergewöhnliche Flitterwoche zu finanzieren. Das einzig winzige Problem, das wir berücksichtigen mussten, war meine Allergie.
Ich bin seit meiner Kindheit allergisch gegen die Ambrosia, und leider sind einige Pflanzen im Laufe der Jahre dazu gekommen. Es ist genau eine Reihe von Blumen und Bäumen, denen Pollen mich zum Wahnsinn treiben. Trotzdem wollte ich, dass der Tag unserer Hochzeit bei schönem Wetter stattfindet. Ich dachte, wenn wir den Frühling und den Frühsommer ausweichen, würden sich meine Krankheit und meine Vorstellungen nicht zu sehr überschneiden. Der Termin wurde also auf Ende August festgelegt, mit der Überzeugung, dass ich die Ambrosia nur in einem großen Bogen vermeiden müsste. Im Nachhinein war das natürlich eine unglaubliche Dummheit, besonders bei einem Allergiker.
Wir haben meine Heimatstadt als Veranstaltungsort gewählt. Die örtliche Kirche ist über hundert Jahre alt und ausgesprochen schön. Ein paar Straßen weiter gibt es ein Hotel mit einem sehr großen Restaurant und einem riesigen, parkähnlichen Innenhof. Der Ort sieht das ganze Jahr über fast wie ein Zwergenschloss aus und jeder liebt es. Dort wurden schon etliche Hochzeiten veranstaltet, deshalb waren wir uns sicher, dass wir unsere Hochzeit reibungslos durchführen würden. Da die Verwandtschaft groß und zum Glück voller Kinder ist, dachten wir, dass dieser Ort eine zusätzliche Entlastung wäre für alle.
In der Woche vor der Hochzeit nahm ich zur Sicherheit meine Anti-Allergie-Medikamente und meine Nasentropfen ein. Ich hoffte, diese würden garantieren, dass ich an diesem großen Tag zur echten Prinzessin verzaubert würde. Natürlich wurde es gar nicht so einfach. Als ich am frühen Morgen aufwachte, fühlte ich mich noch ziemlich gut. Natürlich sah man mir die Müdigkeit an, da ich vor lauter Aufregung nicht gut schlafen konnte, aber ansonsten sah ich völlig normal aus.
Eine meiner Freundinnen, die auch Kosmetikerin und Visagistin ist, hatte sich verpflichtet mir ein wunderschönes Make-up zu zaubern. Wir hatten dazu die trendigsten Produkte und Farben ausgesucht und das Endergebnis war zumindest für eine Weile wirklich hübsch. Meine Augen juckten zwar ein wenig, aber ich fühlte mich noch wohl.
Nach langer Vorbereitung gingen wir endlich zur Kirche. Als wir dort ankamen, musste ich einmal niesen, dachte aber nicht an meiner Allergie. Als mein Partner mich ansah, vergaß ich plötzlich alles andere. Ich fühlte mich ehrlich gesagt wie eine Prinzessin. Die Zeremonie war ebenfalls wunderschön.
Die Probleme begannen, als wir von der Kirche zum Rathaus gingen. Plötzlich fing ich an zu tränen und zu niesen. Die Luft begann zu reizen, eine Mischung aus Staub und Pollen erdrosselte mich sozusagen. Wir hielten kurz an, um meine Nasentropfen aus meiner winzigen Handtasche rauszuholen, doch sie waren unauffindbar. Erst dann fiel mir ein, dass meine Mutter mir noch daran erinnert hatte sie einzupacken, ich aber während meiner Verschönerung sie vollkommen vergessen hatte.
Als wir den Hochzeitsraum erreichten, war meine Nase vom vielen Pusten inzwischen rot geworden. Schlimmer noch, mein schönes Make-up hielt nicht so wie erwartet stand. Mit Ausnahme der teuren wasserdichten Wimpern, begann alles runterzufließen.
Mein Partner lächelte natürlich und versicherte mir, dass ich wunderschön sei, aber ich wurde mehr und mehr von der Sache genervt. Glücklicherweise war meine Freundin darauf vorbereitet und in wenigen Minuten war das Problem behoben. Aber von jetzt an machte ich mir ständig Sorgen, wie wir uns auf den gemeinsamen Bildern zeigen würden wofür wir obendrauf teuer bezahlt hatten.
Schlimmer noch, ich war nicht alleine mit meinem „Leiden”. In unserer Familie sind Allergien erblich verbreitet. Als wir im Festraum ankamen, begann mein Vater, meine Großmutter und eine Tante zu niesen. Ein paar in der Familie meines Mannes fing die Außenluft ebenfalls an zu stören. Es stellte sich heraus, dass der Rasen an diesem Morgen gemäht wurde, sodass die Luft mit Pollen gesättigt war. Unnötig zu erwähnen, dass wir den schönen Park neben dem Hotel nicht ausnutzen konnten.
Zum Glück war das Restaurant sauber und die Luft kühl, aber leider dauerte es auch nicht lange. Wie gewöhnlich, gingen die Leute nach einer Weile rein und raus aus dem Raum. Das ist selbstverständlich, aber nach einiger Zeit begann die Klimaanlage die Luft aufzuwirbeln. Meine Allergie kam wieder hoch und ich begann von neuem an zu niesen und zu tränen. Der Brauttanz näherte sich und ich zog mich so schnell um wie noch nie. Nicht weil ich ungeduldig war, sondern um genug Zeit zu haben, meine Medikamente und Nasentropfen einzunehmen die zwischenzeitlich mir von zu Hause gebracht wurden. Mein Aussehen kümmerte mich nicht mehr so sehr, ich konzentrierte mich nur noch darauf den Tanz und den Abend irgendwie durchzustehen.
So gut wir konnten, fühlten wir uns doch wohl. Niemand beschwerte sich, wahrscheinlich, um meine Laune nicht noch mehr zu ruinieren. Der Höhepunkt war aber, als der Sänger des Orchesters ins Mikrofon nieste. Da brach bei mir der Damm und ich begann richtig zu lachen. Um die Wahrheit zu sagen, ein Teil der Hochzeitsgäste ähnelte eher an eine erkältete Kindergartengruppe.
Die Feier dauerte bis ins Morgengrauen um vier, und natürlich blieben wir selbstverständlich dort bis zum Schluss. Als wir an unserem Zimmer ankamen, brachte mich mein Mann über die Türschwelle. Ich schaute in dem Spiegel und es fiel mir schwer zu entscheiden, ob ich weinen oder lachen sollte. Letzteres gewann schließlich die Oberhand, denn das Hotelpersonal hatte aus Nettigkeit uns mit einem großen Strauss weißer Lilien überrascht. Und ja, ich bin ebenfalls darauf allergisch. Mein Mann wurde darauf hin ein wenig süßlich grob, nahm einfach den Blumenstrauß aus der Vase und warf ihn aus dem Fenster, fügte noch hinzu, dass er nach ein paar Stunden runtergehen würde und die Blumen wieder einsammeln, aber wir zuerst versuchen müssten einzuschlafen. Wir haben wie Teenager eine halbe Stunde lang gekichert und sind erst danach eingeschlafen.
Immer wenn wir die Fotos anschauen, lache ich darüber, wie ich auf den meisten aussehe, als würde ich die ganze Zeit vor Glück weinen. Das Einzige was mich nervt, ist, dass ich die meisten Unannehmlichkeiten hätte vermeiden können, wenn ich etwas aufmerksamer gewesen wäre.
- hätte ich den Pollenkalender sorgfältig durchgeschaut
- hätte ich bescheid gesagt, dass der Rasen nicht geschnitten werden soll
- hätten wir die Klimaanlage für eine Weile angehalten
- hätte ich im Voraus mein Make-up getestet
- hätte ich immer mein Nasenspray bei mir gehabt
Hätte ich auf all diese Dinge geachtet, wäre dieser großer Tag vielleicht anders abgelaufen. Ganz zu schweigen von unseren Flitterwochen, die ein eigenes kleines Kapitel für sich verdienen.